Modul 1 von 1
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Kreativitätstechniken für Designer


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Zusammenfassung

Jeder Kreative hat Lieblingstechniken, um neue Ideen zu entwickeln. Auch du hast eine ganz bestimmte Herangehensweise, die für dich super funktioniert. Manchmal will dir trotzdem keine gute Idee in den Kopf kommen. Oder du hast zwar eine Idee, aber du siehst jetzt schon, dass diese nicht gut genug ist.

Dann brauchst du frische Impulse, damit du neue Denkansätze und natürlich auch neue Ideen generieren kannst. Genau für diesen Fall gibts Kreativitätstechniken. Diese kannst du alleine anwenden oder im Team benutzen.

Bei den verschiedenen folgenden Kreativitätstechniken findest du vielleicht, dass die Art und Weise im ersten Moment komisch ist. Oder du hast das Gefühl, dass sie eh nicht zu dir passen. Aber ich kann dir nur raten, dich einfach einmal auf diese Techniken einzulassen. Du wirst überrascht sein, zu welchen neuen Ideen dich diese Kreativitätstechniken führen können. Meine Top 3 sind die Edisons-Technik, die Osborn-Checkliste und die Kopfstand-Technik.


Die Edison-Technik 

Hier dreht sich alles um Innovationen. Es geht nicht darum, von der Pike auf Neues zu erfinden, sondern etwas Bestehendes noch besser zu machen. Zurück geht diese Technik auf Thomas Alva Edison, dem wir viele Erfindungen im Bereich der Elektrotechnik und Elektronik verdanken. (Stichwort Glühbirne.) Es stellt sich natürlich die Frage, wie ein einzelner Mann so viele verschiedene Erfindungen machen und dabei so erfolgreich sein konnte?

Ganz einfach: Er hat nie bei null angefangen. Statt sich für ein neues Thema alles selbst beizubringen und es ganz von Anfang an zu erforschen, hat Edison zuerst immer sämtliches bereits vorhandenes Material zusammengestellt. Er hat es sich genau angeguckt. Er hat es recherchiert. Er hat es analysiert. Und dann hat er geschaut, wie er das, was vorhanden ist, noch besser machen kann. Wie kann er das weiterentwickeln?

Was heißt das für dich als Designer? Wie kannst du diese Herangehensweise für dich nutzen?

Indem du ebenfalls vor jedem neuen Design zuerst recherchierst, was es bereits zu diesem 
Thema gibt. Dann schaust du genau auf deine Rechercheergebnisse und analysierst, was dir daran gefällt und was nicht. Und du guckst, wie du diese Ergebnisse für dein Design nuzen kannst. Wie kannst du es verbessern? Wo findest du verschenktes Potenzial? Wo sind Schwachstellen bei den Dingen, die es bereits auf dem Markt gibt? Und welche Ideen und Möglichkeiten ergeben sich daraus für deinen eigenen Designauftrag?

Sagen wir, dass du ein Musikfachbuch layouten willst. Also was machst du als Erstes? Natürlich, du besorgst dir erst mal sämtliche erfolgreich Musikfachbücher, die sich aktuell gut verkaufen. Dann gehst du die oben genannten Fragen nacheinander durch. 

  • Was haben alle diese erfolgreichen Musikfachbücher gemeinsam? 
  • Was wird besonders gerne und gut von den Lesern gekauft? 
  • Worin unterscheiden sich die Bücher? 
  • Was ist denn mit den Büchern, die sich gar nicht gut verkaufen? 
  • Wo sind da die Gemeinsamkeiten im Layout, im Design und in der Art der Darstellung? 

Schau dir das genau an und such die Gemeinsamkeiten. Such die Unterschiede. Was kannst du aus diesen Infos ableiten? Haben z.B. alle erfolgreichen Bücher ganz viele Fotos und ganz viele Illustrationen oder ist vielleicht das Schriftbild immer ganz klar und aufgeräumt? Sind die erfolgreichen Bücher sehr strukturiert und erinnern stark an Lehrbücher oder sind sie viel freier im Layout und im Stil? Mehr wie moderne Magazine mit vielen verspielten Elementen? Wo sind Ansätze in den Büchern, die dir gefallen, aber die vielleicht von dem jeweiligen Designer gar nicht bis zum Schluss verfolgt wurden? Wo ist der Designansatz noch nicht komplett ausgereizt? Und was kannst du daraus für dein eigenes Design ableiten? 

Indem du versuchst, eine Innovation für das bereits Bestehende zu machen, hast du ganz schnell eine lange Liste mit tollen Inspirationen und Ansätzen. Danach kannst du dich mit 
deiner eigenen Idee und mit deinem eigenen Designentwurf auseinandersetzen und gucken, wie du diese ganzen potenziellen Innovationen in deinem eigenen Design unterbringst.


Die Osborn-Checkliste

Bei der Osborn-Checkliste dreht sich alles um Variationen einer bereits bestehenden Idee. Diese Technik geht zurück auf den Werbefachmann Alex Osborn, der diese Anleitung 1857 veröffentlicht hat. Darin schlägt Osborne vor, dass man ein bestehendes Design (oder auch ein erstes Konzept, mit dem man noch nicht so ganz zufrieden ist) ganz bewusst auf zehn verschiedene Arten verändert, um durch diese Variationen neue Ideen und neue Ansätze zu bekommen.

Sagen wir mal, du sollst ein neues Design für ein Unternehmen entwickeln, das Postkarten verkauft. Und sie haben schon viele Postkarten in ihrem Unternehmen, die gut laufen. Die Anfrage des Kunden an dich lautet: Wir wollen aber jetzt etwas ganz anderes haben, was Neues, was Spannendes. Irgendetwas, was so noch nicht in unserem Repertoire ist. 

Das ist ein kniffliger Auftrag. Wie gehst du davor? Wie kannst du das Thema Postkarte ganz neu und anders denken? Jetzt hilft dir die Osborn-Checkliste mit den 10 Eigenschaften.

  1. Anders anwenden
  2. Anpassen
  3. Verändern
  4. Vergrößern
  5. Verkleinern
  6. Ersetzen
  7. Neu ordnen
  8. Umkehren
  9. Kombinieren
  10. Verwandeln 

Hast du diese zehn Eigenschaften einmal mit deiner grundsätzlichen ersten Designidee durchgespielt? Dann sind dir garantiert neue Ideen gekommen. Ein paar kannst du vielleicht auch jetzt schon ausschließen, weil sie nicht passen und weil du weißt, dass sie nicht zum Kunden passen. In jedem Fall bist du mitten im kreativen Prozess und hast garantiert ungewöhnlich Ansätze für dein eigenes ursprüngliches Design gefunden.

Die Kopfstand-Technik 

Kopfstand-Technik heißt so, weil du hier das Pferd von hinten aufzäumen und nicht davon ausgehst, dass du für den Kunden das beste Ergebnis lieferst, sondern das allerschlechtester.

Die Kopfstand-Technik arbeitet nach dem Ausschlussverfahren. Dafür überlegst du dir immer:

  • Wie schaffst du es, dass du das schlechteste mögliche Design entwickelst?
  • Wie wird das, was der Kunde von dir möchte, garantiert ein Flop?
  • Wie wird es absolut negativ?
  • Wie ist der Kunde auf jeden Fall unzufrieden?
  • Was kannst du machen, damit dein Design überhaupt nicht funktioniert?

Jetzt bist du verwirrt. Kein Problem. Wir machen auch hier wieder ein Beispiel.

Dein Auftrag ist es, einen Messestand mit Ausstellern zu gestalten. Du weißt, dass dein Kunde auf der Messe mitten unter seinen Mitbewerbern stehen wird und auf dieser Messe möchte dein Kunde sein neues Produkt vorstellen. Und der Kunde will möglichst viel Aufmerksamkeit von den Messebesuchern bekommen. Er will von dir ein besonders kreatives Design, das keiner seiner Mitbewerber hat. 

Nach der Kopfstand-Technik gehst du jetzt diesen ganzen kreativen Prozess von hinten an und fragst dich, wie du die Anforderungen deines Kunden auf gar keinen Fall erfüllen kannst. Und in diesem Fall heißt dann die Frage: „Wie muss das Design (sprich der Messestand) aussehen, damit der Kunde auf jeden Fall auf der Messe in der allgemeinen Masse untergeht und zwischen seinen Mitbewerbern von den Besuchern einfach zu 100 % übersehen wird?“

Und jetzt kannst du einfach mal wirklich spielen und die Antworten untereinander wegschreiben. Und das sind dann z.B.:

Das Design floppt auf jeden Fall, …

  • wenn der Messestand genauso aussieht und auftritt wie der aller Mitbewerber.
  • wenn er genau die gleichen Farben, Schriften und  das gleiche Look & Feel verwendet.
  • wenn der Kunde Werbemittel nutzt, die der Messebesucher schon wenigstens 10 Mal 
    in der Taschen hat (Kugelschreiber, Kekse, Postkarten)
  • Dein Kunde darf natürlich auch auf gar keinen Fall eine coole praktische Anwendung 
    für sein neues Produkt vorführen.
  • Wenn er nicht wahrgenommen werden will, dann darf er nicht zeigen, was er tut.
  • Er darf auf gar keinen Fall einen großen zentralen Blickfang haben, der ihn von 
    anderen unterscheidet.

Dadurch, dass du dir verdeutlichst, was das Design garantiert scheitern lässt, weißt du im Umkehrschluss auch ganz genau, was du machen musst, damit es ein Erfolg wird. Nur dass es so viel leichter ist, von hinten nach vorne zu denken als andersherum. Bei der Kopfstand-Technik stellst du die Dinge auf den Kopf. So kannst du sehr gut in deinen eigenen kreativen Designprozess starten. Jetzt weißt du genau, was du für deinen Kunden mit seinem Messestand auf jeden Fall machen musst. Nämlich …

  • ganz anders aussehen als seine Mitbewerber.
  • einen zentralen Blickfang haben.
  • Es muss viel Platz geben für so praktische Anwendungen.
  • Die Werbemittel müssen auf jeden Fall ungewöhnlich sein.

Schon bist du mitten im Spiel, mitten in der kreativen Phase und in deiner Ideenfindung.


Aufgaben & Material

Jede Kreativitätstechnik verfolgt einen anderen Ansatz. Teste welcher Weg sich für dich besonders gut eignet. Die Übersicht findest du noch einmal in den Downloads.